Mein eigenes, handgeschriebenes Testament für 75 Euro beim Amtsgericht des Wohnorts hinterlegen. Ein bekannter Tipp! Aber wie geht das? Was muss ich mitbringen? Welche Fragen werden mir dort gestellt?
Eine Recherche aus München.
Zunächst stelle ich mir die Frage: Wo liegt das Amtsgericht?
Das Internet oder das Telefonbuch liefern die Informationen. Im Telefonbuch unter Amtsgericht oder Justizbehörden nachsehen. Bei Google sollten Sie den Namen Ihrer Stadt und das Stichwort Amtsgericht eingeben. Die Informationen die Sie brauchen: Telefonnummer, Adresse, Öffnungszeiten. Nützlich: Eine Tabelle über die Stunden mit dem schwächsten/stärksten Besucherandrang. Wartemuffel sollten sich diese Statistik ansehen.
Eine Unterabteilung des Amtsgerichts ist das Nachlassgericht. Es ist u.a. für die Testamentsaufbewahrung zuständig und manchmal in einem anderen Gebäude untergebracht. Meine Kontaktaufnahme per Telefon war das Einzige, was bei meiner Recherche nicht gut lief. Die Hauptnummer war so lange belegt, bis es hieß „Ab 12 Uhr ist das Nachlassgericht geschlossen. Es ist zu spät, um sie zu verbinden.“ Am Tag zwei kam ich telefonisch bis zum Nachlassgericht durch, aber nach endlosem Klingeln hörte ich die Mitteilung vom Band, wegen des regen Publikumsverkehrs könne niemand den Anruf entgegennehmen. Erster Tipp: Nicht anrufen, sondern vorbeigehen.
Hinter dem Eingang findet eine kurze Durchleuchtung meiner Tasche statt. Das ist in Gerichtsgebäuden Routine. „Ich möchte zum Nachlassgericht, um mein Testament zu hinterlegen.“ „Bitte erster Stock.“ Neben den beiden Türen, die für mein Anliegen infrage kommen, leuchten zwei digitale Männchen auf: rot oder grün. Um 9 Uhr stehen sie auf grün. Ich bin die erste Besucherin. Das kann offenbar auch ganz anders sein und ein Stündchen Wartezeit sollte eingeplant werden. Menschen, die ihr Testament hierher bringen, sind keineswegs die einzigen, die der Abteilung Arbeit machen. Das Nachlassgericht hat nicht nur Publikumsverkehr. Es muss sich um Anfragen der Polizei und von Bestattungsinstituten kümmern. Trotzdem mein zweiter Tipp: Kurz nach der Öffnung des Nachlassgerichts vor Ort sein.
Keine lästigen Fragen
Ich betrete ein Zimmer mit Regalwänden voller schmaler, grüner Akten, mit einem Schreibtisch und einem Stuhl für Besucher. Mehr Mobiliar ist nicht notwendig. Eine „Urkundsbeamtin“ mit fragendem Blick sieht mir freundlich entgegen. Ich hole meinen weißen Umschlag aus der Tasche. Darauf steht nichts anderes als das handgeschriebene Wort „Testament“. Weiterhin übergebe ich meinen Personalausweis.
Zunächst reden wir über Geld. Die Servicegebühr des Nachlassgerichts für die „amtliche“ Aufbewahrung beträgt 75 Euro, unabhängig ob das Testament ein Jahr oder 20 Jahre dort aufbewahrt wird. Hinzu kommen 18 Euro für die Registrierung im Zentralen Testamentsregister der Bundesnotarkammer in Berlin. Nicht sofort zu zahlen. Die Rechnungen werden mit der Post geschickt.
Ob mein Testament der Form genügt? Ob handgeschrieben? Ob unterschrieben? Zu meiner Überraschung werden mir diese Fragen nicht gestellt. Die Beamtin will neben den Daten, die im Personalausweis stehen, lediglich wissen, wann ich mein Testament verfasst habe. Das ist relevant. Mit der Abgabe dieses Letzten Willens werden alle Verfügungen älteren Datums ungültig. Ich sage, in meinem Fall ist es ganz einfach, das sei mein erstes und einziges Testament. Die Beamtin macht daraus den sachlichen Satz: „Eine frühere Verfügung von Todes wegen ist nicht vorhanden.“ Dritter Tipp: Keine Scheu haben, zum Nachlassgericht zu gehen. Es wird nichts Persönliches oder zum Inhalt des Testaments gefragt. (Datenschutz)
Mein Brief mit dem Testament wird in einen braunen Umschlag gesteckt und wird im Tresor des Nachlassgerichts aufbewahrt. Für den Schriftverkehr sind die schmalen grünen Akten vorgesehen. Pro Person eine schmale Akte. Darin wird zum Beispiel eine „Niederschrift“ mit meinen Daten und meinem Aktenzeichen abgeheftet. Ich erhalte von der Beamtin eine beglaubigte Abschrift.
Das Geheimnis der Geburtenregistriernummer
Es fehlt meine Geburtsurkunde. Sie kann nachgereicht werden, damit das Testament im Zentralen Register der Bundesnotarkammer rasch und zuverlässig gefunden werden kann.
Bei der Hinterlegung des Testaments passt also die flotte Formulierung „von der Wiege bis zur Bahre“. Alle Geburten in Deutschland müssen beim Standesamt gemeldet werden und bekommen dort eine Nummer, die Geburtenregistriernummer. Unter dieser Nummer wird das hinterlegte Testament bei der Bundesnotarkammer „registriert“. (Abkürzung ZTR für Zentrales Testaments Register)
Auch jede Information über einen Todesfall, der bei einem örtlichen Standesamt gemeldet wurde, erreicht mit der Geburtenregistriernummer die Bundesnotarkammer. Nach dem Abgleich mit ihrem Register kann sie das zuständige Nachlassgericht unterrichten. Das Gericht wird jetzt aktiv, es öffnet das Testament und informiert die Erben.
Zwar ist die Geburtenregistriernummer nicht zwingend vorgeschrieben, aber es ist unklug, darauf zu verzichten. Auf meine Anfrage antwortete die Bundesnotarkammer: „Es empfiehlt sich aber dringend, diese bei der Registrierung anzugeben, damit im Sterbefall der Abgleicch zwischen den Angaben zu der verstorbenen Person und dem im ZRT hinterlegten Daten zuverlässiger ist.“
Ganz schön kompliziert und zugleich ein Garantieschein, dass ein Testament nicht zu Hause vergessen, verschlampt oder sogar vernichtet wird.
Mein zeitlicher Aufwand beim Nachlassgericht: Zwanzig Minuten. Großartig!
Mein Testament beim Amtsgericht hinterlegen. Wie geht das?
Eine Recherche aus München. (Teil 2)
Ich möchte ausprobieren, ob ich mein Testament unbürokratisch zurückbekommen kann.
Also schreibe ich bereits am nächsten Tag einen Brief an das Nachlassgericht und bitte, mir mein Testament zu schicken. Ich wollte eine wichtige Änderung vornehmen. Wie naiv! Testamente sind wichtige Urkunden. Ich bekomme einen freundlichen Brief mit der Aufforderung, das Testament persönlich abzuholen. Bitte Ausweis und Niederschrift mitbringen.
Das Testament bleibt gültig, oder ich zerreiße es sofort
Drei Tage vor Weihnachten bin ich wieder pünktlich um 9 Uhr im Gericht. Keine Wartezeit!
Ich trage meinen Wunsch vor, mein Testament abzuholen. Wie sympahtisch, dass ich keinerlei Rechenschaft abgeben muss, warum ich bereits nach 48 Stunden meinen Letzten Willen zurück haben möchte. Der Ton ist weiterhin freundlich. Kein vorwurfsvoller Unterton in der Stimme, warum mir die Idee von der Änderung nicht etwas früher eingefallen sei.
Es dauert einige Minuten. Mein Umschlag muss aus dem Tresor geholt werden, wo alle Testamente aufbewahrt sind. Ich bekomme meine Unterlage nicht unverzüglich ausgehändigt, sondern muss vorher mit einer Justizbeamtin sprechen. Es ist eine kurze, höfliche Beratung. Die Dame warnt mich: Wenn ich mein Testament wieder in meinen Händen halte, ist der Inhalt weiterhin gültig. Ich muss es zerreißen und/oder ein neues Testament mit einem frischen Datum aufsetzen. Erst dann kann ich sicher sein, dass dieser Letzte Wille nur mein vorletzter war.
Ich unterschreibe, dass mir der Umschlag mit dem wichtigen Inhalt ausgehändigt wurde. Dann gehe ich die Treppe hinunter, mein Testament in der Tasche.
Leider traf es nicht so ein, wie ich zunächst berichtet hatte. Der Service war nicht gratis. Die Rechnung über 75 Euro kam später. Meinen Einwand, dass ich das Testament unverzüglich zurückgeholt hatte, ließ die Justizkasse nicht gelten. Lediglich die fünf Euro Strafe für meine verzögerte Zahlung wurde mir erlassen.
*Die Zeichnung des Nachlassgerichts wurde zur Verfügung gestellt von steuerklassen.com
Mein Testament habe ich von eigener Hand verfasst. Nun möchte ich es beim Amtsgericht hinterlegen. Dank dieses Beitrages weiß ich, wie ich vorgehen soll. Danke!
Ein sehr interessantes Thema. Ich wollte schon immer mehr zum Testament beim Amtsgericht hinterlegen wissen. Ich weiß noch nicht alles, aber ich weiß schon ein bisschen mehr. Auf der Suche nach weiteren Informationen bin ich auf folgende Seite gestoßen: https://www.notariat16.at/leistungen/notariat
Da meine Oma gerne mehr zum Testament beim Amtsgericht hinterlegen wissen wollte und sie den PC nicht bedienen kann, bin ich echt froh, dass ich diesen Artikel gefunden habe. Die Informationen werden meine Oma interessieren. Jetzt, wo ich das alles lese, bin ich auch interessiert.
Nächsten Monat würde ich gerne ein Testament erstellen lassen. Hierfür war mir nicht bewusst, dass es Servicegebühren für die Aufbewahrung von Testamenten bei Amtsgerichten gibt. Für die Erstellung des Testamentes werde ich einen Rechtsanwalt aufsuchen.
Gut zu wissen, dass die Serviceleistung am Ende 75 Euro gekostet hat, danke für den informativen Beitrag. Ich habe vor, mir ein Testament erstellen zu lassen und wollte mich gleichzeitig dazu rechtlich beraten lassen. Hoffentlich finde ich die nächsten Tage auch einen guten Anwalt für das Erbrecht.
Da Sie selbst Anwalt sind, kennen Sie sich ja aus. Heide Neukirchen