Diese privaten Dokumente gehören in den „Notfallkoffer“ für den Ernstfall. Er wurde entwickelt mit rechtlichem know-how und umfassender Praxiserfahrung. Es ist der Ort, an dem die Dinge verwahrt werden, die in schwieriger Situation oder im Todesfall schnell zur Hand sein müssen.
Nicht nur im Geschäftsleben, auch im privaten Bereich ist Vorsorge zu treffen. Es ist möglich und meistens sinnvoll, die Sorge für die privaten Angelegenheiten von geschäftlichen Belangen zu trennen.
- Die Vorsorgevollmacht
Eine typische Vorsorgevollmacht besteht zum einen aus einer Generalvollmacht. Sie berechtigt zur Vertretung in allen vermögensrechtlichen Angelegenheiten und in privaten Vorsorgesituationen. Es können jedoch auch unterschiedliche Personen für die beiden Bereiche bevollmächtigt werden. Das sind sehr individuelle, jedoch wichtige Entscheidungen. Ein Gespräch mit einem Fachmann kann helfen, die eigene Situation vor dem Hintergrund zu diskutieren wie es andere gemacht haben. Dazu ein praktisches Beispiel.
Die Eltern von zwei Kindern haben sich nach langer Beratung zu folgender Lösung entschlossen: Ein befreundetes Arzt-Ehepaar trifft für sie die Entscheidung im Vorsorgefall (zum Beispiel Abschalten von Geräten), und zwar allein. Ihr langjähriger Anwalt regelt die vermögensrechtlichen Angelegenheiten. |
Erst wenn eines der Kinder das 25. Lebensjahr erreicht hat, entscheidet dieses Kind bei Vorsorge-Angelegenheit allein, allerdings nach Beratung durch das Arztehepaar.
Analog auch bei vermögensrechtlichen Angelegenheiten.
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Erreicht auch das zweite Kind das 25. Lebensjahr, so entscheiden beide Kinder gemeinsam und einstimmig im Versorgungsfall und in vermögensrechtlichen Angelegenheiten, jeweils nach Beratung durch die vorher bestimmten Personen. |
Können sich die Kinder nicht auf bestimmte Maßnahmen einigen, entscheiden die vorher bestimmten Berater (Arztehepaar und Anwalt), welche Maßnahmen getroffen werden sollen.
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Die Vollmacht für den privaten Bereich enthält regelmäßig Wünsche und Anordnungen des Vollmachtgebers für den Vorsorgefall. Hierzu zählen zum Beispiel die Einwilligung in Operationen. Dem (der) Bevollmächtigten sollte das Recht erteilt werden, Krankenunterlagen einzusehen. Die Ärzte sollten von ihrer Schweigepflicht entbunden werden.
Eine Vorsorgevollmacht bedarf grundsätzlich keiner bestimmten Form. Eine notarielle Beurkundung ist aber dringend anzuraten. Zum einen wird dadurch die Akzeptanz erhöht. Zum anderen kann zum Beispiel bei Verlust eine neue Vollmachtsurkunde ausgestellt werden. Aus Praktikabilitätsgründen sind ergänzend zum Beispiel Bankvollmachten auf den Vordrucken der jeweiligen Kreditinstitute zu erteilen. Je stärker sich die alltägliche Arbeit und Kommunikation im Internet durchsetzen, um so wichtiger ist die Weitergabe von Passwörtern und Pin-Codes an die Vertauensperson (-personen). Nützliche Details finden sie in dem Blog-Beitrag Digitales Erbe.
Ein Verzeichnis der wichtigsten Schlüssel im Notfallkoffer ist perfekt.
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Die Betreuungsverfügung
Wenn trotz einer Vorsorgevollmacht eine Betreuung erforderlich ist, kann im Rahmen einer Betreuungsverfügung dem Gericht die Auswahl des Betreuers verbindlich vorgegeben werden.
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Die Patientenverfügung
Auchdie Patientenverfügung gehört zu den wichtigen privaten Dokumenten im Notfallkoffer. In einer Patientenverfügung können für gewisse Lebenssituationen bestimmte medizinische Maßnahmen angeordnet oder untersagt werden.
Im Internet kann jeder eine Vielzahl unterschiedlicher Formulare dazu finden. Durch Ankreuzen wählt man, welche Behandlungsmethoden gewünscht bzw. zu unterlassen sind. Wegen der weitreichenden Folgen einer Patientenverfügung ist davon abzuraten, diese Formulare eins zu eins zu übernehmen. Es ist besser, die konkrete persönliche Situation und die unterschiedlichen Szenarien (zum Beispiel Notlage bei einer kurzfristig notwendigen Operation oder alternativ eine längerfristige Beeinträchtigung) mit einem Arzt des eigenen Vertrauens im Detail zu besprechen und eine individuelle Patientenverfügung zu erstellen. Sie sollte wegen des medizinischen Fortschritts und richtungsweisenden Gerichtsentscheidungen regelmäßig aktualisiert werden. Dadurch wird sichergestellt, dass der in der Patientenverfügung niedergelegte Wille in der konkreten Situation sinnvoll umgesetzt werden kann.
Die Patientenverfügung als solche gilt nicht als Einwilligung bzw. Ablehnung in die darin genannten medizinischen Maßnahmen. Es ist vielmehr die Aufgabe des in der Vorsorgevollmacht für private Angelegenheiten Bevollmächtigten bzw. des bestellten Betreuers, dem in der Patientenverfügung zum Ausdruck gebrachten Willen, Geltung zu verschaffen.
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Zentrales Vorsorgeregister
Es ist ratsam, Vorsorgevollmacht, Betreuungs- und Patientenverfügung im Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer registrieren zu lassen. Dort werden die wesentlichen Daten aufgenommen, nicht aber die Dokumente verwahrt. Durch die Registrierung ist gewährleistet, dass die zuständigen Gerichte über das Bestehen von Vorsorgeurkunden informiert sind. Es gibt einen weiteren wichtigen Grund: Die Dokumente können in einem Streitfall nicht unter der Hand, also unbemerkt, verschwinden.
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Testament und Ehevertrag
Auch ein nicht beim Notar hinterlegtes Testament und ein etwaiger Ehevertrag sind wichtige private Dokumente und haben ihren Platz im Notfallkoffer. Sie müssen ohne aufwändiges Suchen zur Hand sein, wenn man die getroffenen Regelungen in regelmäßigen Abständen durch möglichst unabhängige Berater überprüfen lässt. Das ist erforderlich, denn es hilft die beste Erbeinsetzung nichts, wenn sie nicht mehr den Gegebenheiten entspricht. Zum Beispiel wenn ein Erbe nicht mehr im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte ist oder sich ein jugendlicher Erbe im Drogenmilieu bewegt. Die Notwendigkeit regelmäßiger Überprüfung ist geradezu ein Muss, wenn zum Erbe ein Unternehmen mit diffizilen Gesellschaftsverträgen gehört.
Auch diese Informationen sollten im Notfallkoffer nicht fehlen: Wer war der Berater( Beraterin) beim Abschluss des Ehevertrags oder beim Abfassen des Testaments ? (Kontaktdaten festhalten.) Wann fand die letzte Aktualisierung statt, und wo sind die Originale hinterlegt, falls sie nicht im Notfallkoffer liegen?
„Ordnung ist das halbe Leben“ weiß der Volksmund. Wir ergänzen: Ordnung ist wichtig, auch über den Tod hinaus.
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Organisation
Eine Vertrauensperson muss wissen, dass ein Notfallkoffer existiert und wo er aufbewahrt wird. Ein Wegschließen im Safe ist nicht zu empfehlen.
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Vorsorge für Unternehmer/Unternehmerinnen/Selbständige
Die geschäftliche Organisation für den Fall einer unvorhergesehenen plötzlichen Handlungsunfähigkeit des Unternehmers/Selbständigen ist weitreichender. Hierzu einige Stichworte. Basis für die unternehmerische Vorsorge ist ein detaillierter Vertretungsplan. Um die Interimspersonen handlungsfähig zu machen, sind ihnen über den Tod hinausgehende Vollmachten zu erteilen. Damit im Rechtsverkehr von den Vollmachten Gebrauch gemacht werden kann, sind sie grundsätzlich unbeschränkt zu erteilen. Mögliche Restriktionen und Weisungen sollten nur im Verhältnis des Unternehmers/Selbständigen zu dem/der Bevollmächtigten und in separaten Dokumenten niedergelegt werden.
Es sollte für das Notfallteam eine Übersicht zu Verträgen und den wichtigsten Ansprechpartnern vorliegen (u.a. Miet-, Leasing- und Kreditverträge, Versicherungspolicen, eventuell Patente, Lizenz- und Markenrechte). Grundlegende Dokumente (u.a. Handelsregister- und Grundbuchauszüge, Gesellschaftervertrag) sind genauso wichtig wie Beteiligungsorganigramme. Namen und Adressen der Rechts- und Steuerberater, des Notars, sowie der zuständigen Banksachbearbeiter und der Wirtschaftsprüfer erleichtern es dem Notfallteam, rasch zu handeln. In der Regel liegen diese Daten in einem Betrieb an anderer Stelle bereits vor.
Quelle: RA/StB Peter Schulz, München/Kurt-peter.schulz@t-online.de